Mittwoch, 19. August 2015

Herzensangelegenheit

Wenn Aennie Mittagsschlaf macht (inzwischen schafft sie das schon 2 Std. am Stück mit nur minikleinen Unterbrechungen) hab ich genug Zeit zu trödeln, Blogs zu schreiben, Bilder zu bearbeiten oder einfach die Decke anzustarren. Manchmal lass ich mich aber auch einfach ein wenig im Internet treiben, bestelle unnötige Dinge und lese Dinge die ich lieber nicht lesen wollte.
Seit Facebook weiß, dass ich einen weiteren Teil zur Weltbevölkerung beigetragen hab, kommen mir fast nur noch Artikel über Kinder auf den Bildschirm. Mit dramatischen Titeln zwingen sie mich dann dazu gelesen zu werden. Steve ärgert das immer weil ich dann total zur Übermutti werde.
Ein Artikel war aber dann doch extrem sinnvoll und ich konnte nicht anders als die 2 Std. "Freiheit" die ich am Tag habe damit zu nutzen die Facebookseite der Artikelschreiberin genau zu untersuchen und zu heulen wie ein Schlosshund.

Es ging um die kleine Leonie, ein super süßes und gut entwickeltes Baby das ohne jede Vorwarnung und sehr plötzlich aus dem Leben schied. Ein unerkannter, angeborener Herzfehler war die Ursache und mit Tränen in den Augen las ich immer und immer wieder was der kleinen Familie widerfahren war.
Ich kopiere euch den Text den Leonies Mutter auf Facebook geteilt hat hier rein weil es mir schwer fällt es selbst zusammen zu fassen:

Leonie wurde mit einem Herzfehler geboren. Nicht im letzten Jahrhundert... nein es war der 25.8.2013, einer der glücklichsten Momente in unserem Leben 

 Leider gehörte sie zu den über 60% der Babys, die nicht während der Feindiagnostik, während der Schwangerschaft oder direkt nach der Geburt durch eindeutige Symptome erkannt werden.

Somit hatte Leonie keine Chance. ...


Bis einschließlich zur U4 war Sternenkind Leonie laut der Kinderärzte (die allesamt den Herzfehler nicht erkannt haben) immer kerngesund...

Leonie entwickelte sich auch prächtig, trank gut (sie wurde voll gestillt), wuchs gut und wurde ein richtig süßes Moppelchen mit ganz normalem Babyspeck. Sie lernte schnell und spielte fleißig, beglückte uns mit ihrem wunderschönen Lächeln und brabbelte uns vor allem morgens im Bettchen immer ganz süß voll. Mit nicht einmal drei Monaten machte sie uns ein besonderes Geschenk: sie sagte bereits Mama allerdngs auch zu Papa ;-)

Was aber niemand ahnte: In Wirklichkeit war sie schon schwer krank.

Dass sie beim Trinken ab und zu am Köpfchen schwitzte, fand niemand besonders besorgniserregend, die Hebamme meinte nur, dass ich Leonie dünner anziehen soll und dass das Schwitzen vom vielen Kuscheln auf dem Arm kommt und es normal wäre.... Auch die Kinderärzte bestätigten, dass alles in Ordnung ist. Wir wussten ja nicht, dass man über die Hälfte der Herzfehler nicht oder nur sehr schwer beim Abhören erkennt...

Als Leonie 3,5 Monate alt war, hustete sie auf einmal sehr doll und wir fuhren schnell zum Krankenhaus... von da an ging alles ganz schnell. Der Notkinderarzt in dem Krankenhaus war dieses Mal ein Kinderkardiologe. Dieser erkannte endlich die dramatische Situation und es wurde sofort der Rettungstransport in ein Herzzentrum veranlasst. Seitdem kann ich kein Blaulicht mehr auf der Strasse ertragen und verursache jedes Mal fast einen Crash, damit der Krankenwagen auch ganz schnell durchkommt.

Im Herzzentrum angekommen, befand sich Leonie bereits in einem tiefen kardiogenen Schock. Nie werde ich vergessen, wie hilflos und apathisch meine Kleine in dem Kindersitz des Rettungswagens saß. Wir durften kurz zu ihr, sie schaute uns an und im selben Moment ging die Herzfrequenz nach unten: Herz- Kreislaufstillstand! Auch das hat sich mir eingebrannt: Wie sie uns anguckt und böse versucht zu schimpfen, weil ihr das alles gar nicht gefallen hat, mit ihrem Ärmchen nach uns schlug und wir dann raus geschoben wurden. Dann das stundenlange Warten.... eine Blutlieferung nach der anderen wurde gebracht... und wir warteten.... Stunden später kam die Oberärztin mit einem sehr ernsten Gesicht (denken war uns nicht mehr möglich) und setzte sich zu uns mit den Worten: "Es tut mir leid, dass Sie ein so schwer krankes Kind haben". Ich dachte, sie würde uns verwechseln, da doch unsere Leonie immer kerngesund war, von wem um Himmels willen redete sie also???

Leonie wurde an eine Herz- Lungen Maschine angeschlossen, das bedeutete 90 Minuten REANIMATION! Für uns brach die ganze Welt in Scherben... Dennoch glaubten wir bis dahin noch an Wunder. Babys sind einzigartig und sie überraschen auch so oft die Ärzte mit unmöglichen Entwicklungen. Und so hofften wir.... 12 Tage lang... dann musste die Herz- Lungen Maschine abgenommen werden. Sie länger dran zu lassen, ist zu riskant und würde das Herz noch mehr schwächen.... Wir wurden darauf vorbereitet, dass sie diese OP nicht mehr überleben würde...

Aber sie überlebte. Glücklich lächelnd kam die Oberärztin nach der OP auf uns zu (das erste Mal, dass uns jemand anlächelte!!!!) und wir dürften zu ihr. Die Oberärztin warnte uns jedoch, dass sie nur höchstens ein paar Stunden schaffen könne... Aber sie lebte... sie überlebte die Nacht und den kommenden Tag. Das Herz war durch die Medikamente stabil. Das Köpfchen jedoch machte uns große Sorgen. Auch das Wasser in ihrem Körper, durch die Maschine und durch das Herzversagen musste durch eine Dialyse rausgeschwemmt werden. Tag und Nacht waren wir bei ihr. Wir redeten mit ihr, sangen ihre Lieder mit ihr und hofften und beteten. Nach weiteren 10 Tagen hatte sie plötzlich Herzaussetzer und ventrikuläre Extrastyolen, die Ärzte teilten uns mit, dass eine weitere Reanimation nicht erfolgen würde!!! Wir saßen also an ihrem Bettchen, sie hatte Herzaussetzer und niemand von den Ärzten, die in den Raum eilten, half ihr!
11 Tage nach der 2. OP wurde ihr Herzschlag langsamer. Das herzunterstützende Medikament wurde eingestellt und verlor seine Wirkung. Dafür bekam sie jetzt wieder stärkere Schmerzmittel. 12 Tage nach der OP hörte ihr kleines Herz am Morgen langsam auf zu schlagen. Die Welt hörte auf sich zu drehen. Unser Leben war zu Ende.

Heute wissen wir: Leonie hatte einen reparablen Herzfehler und könnte heute ein gesundes 9,5 Monate altes Baby sein, wenn der Herzfehler im ersten Lebensmonat erkannt worden wäre.

Seitdem kämpfen wir dafür, dass alle Babys nach der Geburt ein Pflichtherzscreening (so wie bereits das Hör- und das Hüftscreening Standard sind) bekommen:
- Pulsoximeter nach der Geburt und nochmals vor der Entlassung aus der Klinik
- einen Herzultraschall von einem Kinderkardiologen
- ein EKG.
Nur dann ist gewährleistet, dass nicht mehr hunderte Babys jedes Jahr einen vermeidbaren (!!!) Tod sterben müssen.

Zudem fordern wir mehr Aufklärung für die werdenden Mütter, die dieses hohe Risiko in der Regel gar nicht kennen und deshalb auch nicht auf die Idee kommen würden, solch eine Untersuchung zu fordern...
Und die Ärzte bieten sie leider nicht an....
Dabei wird jedes 100. Baby mit einem Herzfehler geboren und diese Herzfehler sind die häufigste Todesursache von Babys im ersten Lebensjahr.
Dies ist auch keine Frage der Krankenversicherung, Leonie war Privatpatientin...

Danke für das Lesen und bitte sagt es weiter, nur dann können mehr Babys gerettet werden...

Mich haben diese Zeilen sehr beschäftigt und als ich Steve erzählt habe ich möchte bei Aennie gerne eine Herzscreening machen lassen war er auch sofort überzeugt.
Sie hatte ja die erste Zeit so viel geschrien, gespuckt, geschwitzt und war sehr blass und hustet und niest sehr viel.
Das beschäftigte mich bis zu dem Termin den wir sehr schnell bei Dr. Hofner in Neudrossenfeld bekamen. Wir gingen beide mit gemischten Gefühlen zu diesem Termin. Die Untersuchungen  gingen relativ schnell und das Ergebnis war mehr als beruhigend. Aennie hat ein Loch im Herzen, im ersten Jahr relativ unbedenklich da es vermutlich noch zuwachsen wird, das in 5-6 Jahren nochmal untersucht werden muss.
Die Behandlung kostete uns 115€, ihr könnt euch aber vom Kinderarzt eine Überweisung geben lassen wenn ihr einen Verdacht habt oder im Nachhinein versuchen die Kosten bei der Krankenkasse einzufordern. Mir war es das auf jeden Fall wert, auch um mein Gefühl zu beruhigen.

Ich bewundere Leonies Eltern so sehr für das was sie tun. Mit ihrem Mut und Ihrem Engagement retten sie vermutlich sehr vielen Babys das Leben. Es tut mir so unendlich leid was passiert ist und ich kann mir nicht vorstellen wie ihr euch fühlen müsst.. das ist die Hölle!

Sagt es weiter, teilt es, lasst eure Kinder untersuchen! Gemeinsam schaffen wir so einiges und können auch erreichen, dass ein Herzscreening eine Plichtuntersuchung wird!


Bei meinem Märchen-Projekt bei dem ich noch bis zum 20.09.2015 über www.startnext.com/maumachtfotos Geld sammle um Bilder für eine Ausstellung auf der Palliativstation im Klinikum zu erstellen werde ich am Ende der Ausstellung die entstandenen Einnahmen durch den Verkauf der Bilder größtenteils an Leonies Eltern weiter geben um Ihnen zu helfen ihre Mission zu erfüllen und die Leute über ein Herzscreening aufzuklären.






 

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